28.08.2012 15:04 Age: 12 yrs
Category: URLAUB, Österreich, Vorarlberg, Markus Stegmayr
By: Markus Stegmayr

„Verliebt“ in Warth …


Auch der wandernde Schriftsteller Matthias Kehle, oder war er doch ein schriftstellernder Wanderer, hat sich schon mit Warth in Vorarlberg beschäftigt. Kehle erwähnt in einem Blogeintrag, dass er lange Zeit geglaubt habe, dass Vorarlberg einen sanften Tourismus pflege. Das änderte sich schlagartig, als er einem „Autorennen“ mitten auf der Bergstraße, mitten im Wald beiwohnen musste und sich auch noch von den Beteiligten beschimpfen lassen musste. Es scheint dann in weiteren Anmerkungen und Kommentaren fast schon so zu sein, als ob es ihm dieses Erlebnis verunmöglicht hätte, die Region Warth-Schröcken noch zu lieben. Zwischen und sogar auf den Zeilen kann man allerdings lesen, dass er diesen Vorfall sehr bedauert und dass er Warth sicherlich noch immer gerne lieben würde. Obwohl ich die Meinung von Herrn Kehle sehr schätze und seinen pointierten Schreibstil sehr mag, glaube ich aber in diesem Fall, dass er da wohl das Kind mit dem Bade ausschüttet. Es gibt mehr Aspekte in Warth-Schröcken, die man lieben kann als man negative touristische Events vorfindet.

Die Region Warth-Schröcken…

Dennoch obwohl ich seinen Blogeintrag bereits vor dem Antritt meiner Reise gelesen hatte, viel es mir nämlich nicht schwer, mich in Warth zu „verlieben“. Vielleicht auch weil ich wusste, dass es in jeder Beziehung Schattenseiten gibt und Aspekte der Persönlichkeit des Partners, die man ein wenig nervig und unangenehm findet. Es war jedenfalls auf keinen Fall so, dass ich mir Warth schönreden und schöndenken musste, eher war es so, dass mir der Abschied damals einigermaßen schwer fiel und meine Rückkehr nach Innsbruck noch ein wenig hätte hinausgezögert werden können.
Mit Details zu Warth kommt man der Sache eigentlich nicht näher, man kann das „Ding an sich“ nicht erkennen, man spürt nicht die Faszination, die von Warth ausgeht. Auf Papier ist es nur ein kleines Dörfchen, eines der kleinsten im an kleinen Dörfchen nicht gerade armen Vorarlberg mitten im Bregenzerwald. In Österreich gab es ein Lied, das ein formidabler Hit wurde, das den Bregenzerwald thematisiert – und zugleich auch dessen, sagen wir mal, etwas schwer verständlichen Dialekt, sogar in den Ohren von manchen Vorarlbergern und von Tirolern, zu denen ich mich ja zähle, sowieso. Doch bereits bei meiner Ankunft in Warth, in dem ich ein Wochenende Wellness- und Wanderurlaub machen wollte, überraschte mich die Tatsache dass man den Dialekt hier doch verstehen konnte, oder besser gesagt, dass sich die Einheimischen hier sehr bemühten, verstanden werden zu können ohne dass sie gleich versuchten, was meist ein wenig gekünstelt wirkt, vollständig „hochdeutsch“ zu sprechen. Ist etwa auch das ein Beleg dafür, dass man hier „sanften Tourismus“ pflegt, etwa im Sinne von: wir bemühen uns, dass wir verstanden werden, geben aber unsere eigene Identität doch nicht auf? Ich würde es jedenfalls so interpretieren und als einen wichtigen Teil der Faszination für Warth bezeichnen. Hier gab und gibt eine Form von „Ursprünglichkeit“, der man nicht im ersten Moment schon misstraut und eine Form von Öffnung, die das Dörfchen weltoffen und modern machen ohne es zur austauschbaren „Partymetropole“ verkommen zu lassen.

Tradition und Moderne…

Warth scheint mit einem Bein in der Tradition und mit einem Bein in der Moderne zu stehen, scheint sich seine Eigenheiten bewahrt zu haben, ohne stur zu sein und nur das Alte bewahren zu wollen. Auch das Hotel, in dem ich übernachtete, schien diese Sprache zu „sprechen“. Es verbindet auf für mich beeindruckende Weise „zwei Welten“: Moderne Architektur, die dennoch wie gemacht ist für die eindrucksvolle Berglandschaft und damit keinen Bruch darstellt, und Tradition. So kann man z.B. direkt vom neu gestalteten Hotel aus durch einen Verbindungsgang zum Restaurant gelangen, das zugleich auch das traditionsreiche Restaurant „Steffisalp“ ist. Man oszilliert und „switcht“ hier in wenigen Sekunden zwischen zwei „Welten“, empfindet aber keinen Bruch, sondern stellt eher eine Ergänzung, eine Erweiterung oder auch Weitung der Sicht fest, weil man das beste „beider Welten“ geboten bekommt, nämlich ein „Design-Hotel“ das höchsten Ansprüchen genügt und ein Restaurant, bei dem das Gute bewahrt wird und das zugleich für das Neue offen ist.

Das Wandern – ein Kinderspiel …

Direkt am „Steffisalp-Express“ gelegen wirbt das Hotel damit, dass man in 7 Sekunden vom Bett zum Lift gelangen könne. Es mag jetzt an mir liegen, oder auch daran, dass der Slogan doch ein wenig übertreibt, dass das, trotz intensivem Testen, nicht wirklich funktioniert hat. Deutlich ist aber, dass man hier wirklich direkt an der „Piste“ wohnt und der „Steffisalp-Express“ nur wenige Meter vom Hotel entfernt ist und darauf wartet, betreten zu werden. Der „Steffisalp-Express“, das muss erwähnt werden, erleichtert das Wandern ungemein, da man dann nicht mehr bei „Null“ anfangen muss, was im Falle von Warth immerhin schon eine Seehöhe von 1495 m bedeutet. Gelangt man dann noch ein wenig höher, dann sind Wanderung ein Kinderspiel, obwohl man sich dennoch noch verausgaben kann, wenn man das möchte. Auch der „Lechweg“ kann direkt von Warth aus betreten und begangen werden. Er verspricht die interessante „Disziplin“ des „Weitwanderns“, das weniger anstrengend als vielmehr meditativ und kontemplativ ist. Hier kann man sich ganz auf das Gehen konzentrieren und einlassen, ohne allzu große körperliche Anstrengungen auf sich zu nehmen. Als Ziel ist kein Gipfel zu benennen, sondern es ist vielmehr eine Reise in sein eigenes Innere, ein Gehen zur Einkehr, zur Besinnung, bei dem man aber, und das ist das eigentlich Besondere vom Lechweg, nicht auf eine atemberaubende Bergkulisse verzichten muss. Schließlich führt der Weg nur langsam und über Stunden und Stunden hinweg hinab nach Lech in Tirol. Und ganz nebenbei und eigentlich auch unbemerkt überschreitet man hier eine Bundeslandgrenze. Und, wenn gewollt, kann man auch die Ländergrenze zwischen Österreich und Deutschland überschreiten, führt der Weg doch auch nach Füssen. Wie gesagt: ich kam „verliebt“ aus Warth am Arlberg zurück und möchte einen Urlaub in dieser Region dringend anraten. Selbst für mich als Tiroler war die Berglandschaft überwältigend schön. Und das Dörfchen selbst, mit seinen rund 172 Einwohnern, ist das perfekte Refugium für den gestressten Städter oder gar Großstädter, aber eigentlich ohnehin allen zu empfehlen, die ein paar Tage Auszeit suchen.

Foto: copyright Markus Stegmayr


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